Und wieder einmal ist ein Bauernopfer zu beklagen …

Das hat ja mal nicht lange gedauert … kaum waren die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft mit deren Leitfigur Generalbundesanwalt Range gegen die Betreiber der Plattform netzpolitik.org bekannt geworden, schwappten die Wellen der Empörung hoch – sicherlich zu recht, und ebenso sicherlich eigentlich noch nicht hoch genug. Nachdem sich alle Beteiligten (also Maaßen als der den Stein ins Rollen gebracht habende, Range, sowie Minister Maas als Range’s „Vorgesetztem“) angesichts der Empörung der Öffentlichkeit verteidigt und die Schuld einem der anderen zugewiesen hatten, ging Range mit seiner Verteidigung wohl etwas weit – für Maas zu weit.

Mit der Begründung dass das Vertrauen in die Amtsführung nachhaltig gestört wäre versetzte Maas Range in den vorzeitigen Ruhestand. OK, bei den paar Monaten, die es eh nur noch gewesen wären, ist es jetzt für Range nicht wirklich ein Problem. Und wahrscheinlich auch der Grund, weswegen er in seinen Äußerungen kein Blatt vor den Mund genommen hatte.

In der Nachbetrachtung kommen jetzt aber Dinge an den Tag (oder werden deutlicher gesagt), die in allen bisherigen Aktionen von Range so nie dargestellt wurden, auch wenn man sie schon vermuten konnte.

So sehr das Vorgehen gegen Netzpolitik.org moralisch und inhaltlich zu verurteilen ist, rein faktisch ist es an sich erstmal korrekt – es wurde eine Strafanzeige vom Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Maaßen, erstattet, die Ermittlungen von Range und seiner Behörde sind an der Stelle somit nicht zu verurteilen. Ob und wie weit die Tatsache, daß Maaßen hier eine Anzeige wegen Landesverrat erstattet, verwerflich ist, sei zunächst mal nebensächlich. Da kann man sich drum kümmern, wenn Mutti Merkel ihr volles Vertrauen ausspricht.

Doch es geht weiter. Da Range’s Behörde durch die Anzeige erstmal zur Prüfung verpflichtet ist, wurde zunächst eine Anfrage an das BfV geschickt, ein Gutachten über die Qualität und Inhalte der Veröffentlichungen zu erstellen. Hier fragt sich der geneigte Leser: Wieso frage ich eine Behörde, deren Vorsteher die Anzeige erstattet hat, nach einem Gutachten über die vermeintlichen Rechtsverstöße? Ist hier nicht schon der erste „Fehler im System“? Welche neutrale, objektive Betrachtung kann man vom BfV in dieser Sache erwarten? Würde hier ein Mitarbeiter des BfV sich so äußern, daß es die Anzeige nicht unterstützt, dürfte er sich wohl umgehend einen neuen Job suchen.

Es kommt also wie zu erwarten war – das BfV versichert die landesverräterischen Inhalte der Veröffentlichungen, somit folgen weitere Ermittlungen durch Range’s Behörde. Interessanterweise wohl – sofern bisher bekannt – aber nur gegen Netzpolitik.org, obwohl auch andere Stellen die Informationen veröffentlicht haben. Laut Maaßen’s Aussage war seine Anzeige „gegen Unbekannt“ erstattet, somit sollte bei ordentlicher Ermittlung hier eigentlich auch Ermittlungen gegen Printmedien erfolgen – vielleicht war dies aber selbst Range’s Behörde zu „heiß“, und es wurde nur gegen den vermeintlich schwächsten „Gegner“ und angeblichen Landesverräter ermittelt. Wir werden es wohl nie erfahren …

Egal – weiter geht es. Und zwar mit Standgas und angezogener Handbremse – Range veranlaßt seine Behörde, zwar gegen Netzpolitik.org zu ermitteln, dies aber ohne die normal üblichen Maßnahmen wie Observation, Vernehmungen oder Telefonüberwachungen. Angeblich wegen dem hohen Gut der Presse-Freiheit. Hm … so „hoch“ scheint es ja nicht zu sein, sonst hätte er die Ermittlungen nicht entsprechend losgetreten. OK, wird also ein bischen ermittelt …

Interessanterweise folgt dann aber ein Schritt, den man von Range eigentlich eher statt des ersten erwarten hätte sollen: statt sich nur auf das – vermutlich doch etwas voreingenommene – Gutachten des BfV zu verlassen, beauftragt er ein weiteres, unabhängiges Gutachten über den Inahlt der Veröffentlichungen: handelt es sich wirklich um Staatsgeheimnisse?

Die nachfolgende Information des Bundesjustizministeriums hat anschließend zur Folge, daß duie Bundesanwaltschaft eine Rückmeldung erhält – über deren Inhalt und Qualität wurde jetzt quasi öffentlich gestritten – während das Ministerium angeblich deutlich vor Schierigkeit und Aussichtslosigkeit gewarnt haben will, will Range’s Behörde dies wohl nur als Hinweis auf die Schwierigkeit des Verfahrens, nicht aber als Warnung oder gar Aufforderung verstanden haben. Geht man von den Gesetzestexten und sonstigen Gummi-Paragraphen im deutschen Rechtssystem aus, kann man sich vorstellen, daß hier wohl eine Aussage erfolgt ist, die man so oder so interpretieren kann – wie man es halt gerade braucht. Bloss nix verbindliches sagen …

Da jedoch zwischenzeitlich Maas (und vermutlich auch der Rest der Bunderegierung) mitbekommt, daß man hier wieder mal die Reaktionen auf den Versuch, „Neuland“ zu unterdrücken, unterschätzt hat, pfeift der seinen Untergebenen zurück.

Diesem gefällt dies allem Anschein nicht wirklich, was aus oben erwähntem Grund irgendwo nachvollziehbar ist – schließlich macht Range (und seine Behörde) hier erstmal nur seinen/ihren Job.

Gerade dieser letzte Teil der Posse, bei der es um „wer darf wem was sagen“ und „wer sagt wem was oder auch nicht“ macht einige vorherige Abläufe interessant. Denn Range hat ja schon im Vorfeld Kritik auf sich gezogen, als er die Überwachungsanschuldigungen gegen die NSA nicht groß verfolgt hat. Entweder, weil er keine ausreichenden Beweise finden konnte, oder weil die Beweise die vorlagen nur dann akzeptabel wären, wenn sie quasi im Original vorlägen.

Unter dem Licht der aktuellen Entwicklungen muss es auch dem Letzten klar sein, daß hier aller Wahrscheinlichkeit keine Entscheidungen Ranges die Grundlage für dieses „Ermittlungsversagen“ vorlagen, sondern daß auch bei den bisherigen Aktionen Anweisungen seines Dienstherrn Ursache für die geradezu lächerlichen Begründungen zur Ermittlungseinstellung waren.

… aber vielleicht kann er ja jetzt im Ruhestand endlich die Wahrheit sagen, wie schon hier mal gefordert … auch auf die Gefahr hin, daß vom nächsten Generalbundesanwalt wegen möglichen Landesverrats gegen ihn ermittelt wird …

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